Sötenich im 19. Jahrhundert

Trotz der gewaltigen Bevölkerungsverminderung infolge ansteckender Krankheiten, Hungersnöten und Kriegsfolgen hatte sich die Gemeinde wieder erholt und wies um die Jahrhundertwende eine Bevölkerungszahl von 241 Einwohnern auf.

Durch den Erzbergbau, insbesondere den Stollenbetrieb, durch verschiedene metallverarbeitende Kleinbetriebe (Hammerwerke, die durch das Wasser der Urft vielfach betrieben wurden, auch Reitwerke genannt) und Hüttenwerke, sowie durch die Kalkgewinnung war ein gewisser Wohlstand in der Gemeinde zu verzeichnen. Dieser Wohlstand wurde aber auch begründet durch die Leistung des Vorspanndienstes bei der Überwindung der Steilhänge im und außerhalb des Dorfes.

Auf der Handelsstraße von Trier nach Köln herrschte damals ein reger Verkehr. Zu Anfang des Jahrhunderts waren allein ca. 60 Pferde in der Gemeinde zur Leistung des Vorspanndienstes erforderlich. Davon 20 Pferde vom Hof Cramer. Auch eine Schule bestand in Sötenich zu Anfang des Jahrhunderts schon.

Als die Franzosen das linke Rheinufer um die Wende des Jahrhunderts dem französischen Staatenverband eingegliedert hatten, erfolgte auch eine diözesane Neugliederung. Die Gebiete der Erzdiözese Köln auf dem linken Rheinufer kamen in Fortfall. Dafür entstanden auf Betreiben der Franzosen durch den Papst am 9.4.1802 auf linksrheinischem Boden unter dem Erzbistum Mecheln drei neue Bistümer: Mainz, Trier und Aachen. Die Diözese Aachen sollte auf dem linken Rheinufer die Erzdiözese Köln ersetzen, weil Köln wegen seiner Grenzlage für die Wahl eines französischen Bischofssitzes weniger geeignet erschien. Keldenich kam mit dem diesseits gelegenen Teil Sötenichs zur Diözese Aachen. Der andere Teil von Sötenich jenseits der Urft, der zum Seelenbezirk Kall gehörte, kam zur Diözese Lüttich.

Als dann im Jahre 1825 das Bistum Aachen wieder aufgelöst wurde, kam das Sötenicher Gebiet wieder zur Kölner Erzdiözese und 1827 unter das neu gebildete Dekanat Steinfeld.

Diese diözesane Umschichtung hatte eine Vermehrung von Pfarrstellen zur Folge. Allein im Kreisgebiet von Schleiden wurden in den Jahren 1802 bis 1805 zwölf Pfarren neu errichtet. Kall im Jahre 1803, Gemünd ebenfalls 1803, ferner Berk, Blumenthal, Kallmuth, Dreiborn, Frohngau, Hollerath, Kronenburg, Bescheid, Sistig, und Wildenburg (heute Kreuzberg).

Warum Sötenich damals nicht Pfarre wurde, ist aktenkundig nicht erwähnt. Wesentlich scheint der Grund gewesen zu sein, dass der Ort Sötenich diesseits und jenseits der Urft keine geschlossene kirchliche Einheit durch die Trennung in zwei Diözesen Lüttich und Aachen bildete. Durch die Trennung wird auch der Ort für eine Erhebung zur Pfarre zu klein gewesen sein.

Als im Jahre 1794 die Truppen der Französischen Republik Steinfeld erreicht hatten, wurde das Kloster wie alle Klöster der eroberten Gebiete, sowie die Schlösser und Burgen der geflüchteten Eifeldynastien zum Nationalheiligtum erklärt.

Der letzte Abt von Steinfeld, Gilbert Surges, musste das Kloster damals verlassen und verstarb 1822 im Alter von 88 Jahren auf einem Gehöft in der Nähe von Steinfeld. Er war der 44. Abt in der Reihe der Steinfelder Äbte, die dort seit 1185 residiert hatten.

Mit ihrem Abt blieben noch vier andere Prämonstratenserpatres in Steinfeld. Ihre Namen waren Pütz, Görtz, Hensen und Wisdorf. Sie pastorisierten Steinfeld und die Umgebung.

Der Pater Görtz, der zugleich auch Pfarrer von Steinfeld war, pastorisierte Sötenich, bis er 1814 Pfarrer von Krefeld wurde. (Quelle: Professenverzeichnis des Klosters Steinfeld)

Bevor nun im Jahre 1804 die Versteigerung erfolgte, wurde das nur schwach bewachte Kloster von der Eifelbevölkerung der umliegenden Dörfer gründlich ausgeplündert. Herrliche Eichentruhen und wertvolle Schränke mit kostbaren Schnitzereien, sowie das wertvolle Kupfergeschirr sind heute noch hier und da in Familien der Umgebung von Steinfeld anzutreffen. Das meiste Klostergut ist allerdings leider inzwischen versilbert worden.

Auch Sötenich war an diesen Plündereien beteiligt. Im Jahre 1802 montierten die Sötenicher in der geschlossenen Steinfelder Kirche drei herrliche Barockaltäre ab und stellten sie in ihrer Kirche auf. 1871 wurden die Altäre mit in die neue Kirche übernommen. Sie besaßen einen hohen künstlerischen Wert. Diese Kunstwerke sind dann 1945 durch die Bomben vernichtet worden.

Bei der Säkularisation wurde damals auch das Archiv und die reiche Bibliothek des Klosters in alle Welt verstreut. Gerade der Verlust des Archivs ist für die Ortsgeschichte von Sötenich ein schwerer Verlust, da sich dort viele Aufzeichnungen von Sötenich aus dem 14. und 15. Jahrhundert befunden haben.

Das Professenverzeichnis, das Steinfeld noch besitzt ist keine Originalurkunde, sondern eine spätere Abschrift des Mitgliederalbums der Abtei. Das Original befindet sich in der Prämonstratenserabtei Aversbode in Belgien. Schon aus der Natur dieses Professenverzeichnisses ist es zu verstehen, dass kaum Hinweise auf Sötenich darin zu finden sind.